Post by Werner Tann"Houston, wir haben ein Problem!"
Wenige Jahre, nachdem die später berühmt gewordene Meldung von Apollo
13 zur Erde gesendet worden war, schrieb ein nicht nicht gerade
unbekannter SF-Autor eine Geschichte, in der in Not geratene
Astronauten diesen Spruch ebenfalls vom Stapel lassen.
Welchen Text meine ich?
Wie gesagt,
a) bekannter Autor
b) nahe an Apollo 13, aber der Text entstand - siehe Parallelposting -
Jahre *vor* Apollo 13
c) Astronauten, die mit Houston kommunizieren
Es handelt sich um "Die Mondnacht" von Stanislaw Lem.
Das ist ein Hörspiel, geschrieben 1963. Ich hatte die Angabe "Juni
1975" am Ende der Geschichte als Enstehungszeitpunkt missverstanden.
"Die Mondnacht" ist nämlich in einem Suhrkamp-Taschenbuch zuammen mit
anderen Hör- und Fernsehspielen abgedruckt, und auch in einem weiteren
Text steht am Ende "Juni 1975", das kann also nicht zu den Geschichten
gehören.
Angeblich (https://www.suhrkamptheater.de) wurde das Hörspiel 1976
erstmals gesendet und wurde von BR/NDR/SDR/SFB produziert, Regie
führte Dieter Hasselblatt. Ob es schon vorher eine polnische
Hörspielversion gab, habe ich nicht herausgefunden.
Der Eintrag in der Bibliographie von Christian Pree:
http://www.chpr.at/stories/l/lems.htm
| Stanislaw Lem
| Die Mondnacht (1977) (D)
| Noc ksiezycowa (1963) (PO)
| Übersetzer: Klaus Staemmler
| 32 S.
|
| Stanislaw Lem
| Mondnacht (C) (SF)
| Suhrkamp Phantast. Bibliothek, 729
| 3-518-37229-7
1977 war die dt. Erstveröffentlichung, also nach Apollo 13. Nicht
auszuschließen ist, dass die Houston-Meldung wörtlich so nicht im
poln. Original steht, sondern sich übersetzerischer Willkür verdankt.
Kann ich leider nicht überprüfen, da mir "Noc ksiezycowa" nicht
vorliegt.
Inhalt:
| Dr. Blopp und Dr. Mills, zwei Raum- bzw. Mondforscher, müssen kurz vor ihrer
| Ablösung entdecken, daß der Druck in ihrer Forschungsstation auf dem Mond
| rapide absinkt und daß der Sauerstoff bis zur Ankunft der rettenden Rakete
| nur noch für einen reichen wird. Unausgesprochene Konsequenz in den Köpfen
| beider Mondforscher: Einer muß sterben. Im Überlebenskampf versucht jeder
| der beiden Männer, den anderen umzubringen. Dabei gibt es jedoch ein Problem:
| ein hinter unzerstörbarem Panzerglas deponiertes, nicht abstellbares Tonbandgerät
| zeichnet jeden Laut in der Forschungsstation und jedes dort gesprochene Wort auf -
| der Täter wäre also anhand dieses Bandes zu überführen. Nun versucht jeder,
| das Band zu täuschen. Es beginnt ein Pokern um Leben und Tod. Eine Hörspielsituation
| par excellence!
https://www.suhrkamptheater.de/stueck/stanis-aw-lem-die-mondnacht-tt-101727
An der Form ist genial, dass das Hörspiel praktisch das Tonband ist,
das die ablösenden Astronauten am Ende finden werden (ohne dass das
gesagt wird). Es gibt abgesehen von einer Einleitung keinen Erzähler,
nur die Dialoge der beiden Astronauten. Wer also gerade wen bedroht,
weiß der Leser nicht sicher, wenn beide schreien, "er hat ein Messer"
oder "du lügst" usw. Was für ein Einfall Lems!
Die Stelle mit Houston:
| Blopp: [...] (Schaltet das Radio ein.)
| Hallo, Houston. Meldet euch! Hier spricht der Mond. Wir haben ein ernstes Problem.
| Houston, hört ihr uns? Houston, wir befinden uns in Todesgefahr, der Sauerstoff ist
| entwichen! Houston! Zum Teufel ...
[Kleine Sherlock Holmes hier hätten übrigens nicht nach dem
Houston-Zitat gesucht, sondern ---- nach mir! :-) Ich habe am
24.10.2023 hier einen TV-Tipp gespostet: "Professor Tara[n]toga und
sein seltsamer Gast (DDR)". Auch von Lem. Und ich habe mir jetzt
dieses Suhrkamp-Taschenbuch "Die Mondnacht" gekauft, weil in diesem
auch Tarantoga ist, um das Hörspiel nachlesen zu können.]